Fugen in Bodenkonstruktionen

Dieses Thema ist in einer Vielzahl von Fachpublikationen beschrieben und wurde auch in Fachbeiträgen tiefergehend behandelt. Damit sollte eigentlich zu diesem Thema alles gesagt sein. Wozu also dann noch ein weiterer Fachbeitrag?

Die tägliche Beratungspraxis in der Anwendungstechnik zeigt, dass es nach wie vor große Unsicherheit sowohl bei Verlegern als auch bei Planern zum Umgang mit Fugen im Verlegeuntergrund gibt. Vor dem Hintergrund, dass Fugen als ästhetisch störend empfunden werden, wird insbesondere immer wieder die Frage gestellt, welche Fugen dürfen im Untergrundgeschlossen werden bzw. sind in den Oberbelag zu übernehmen. Dabei ist die Antwort doch so einfach: Funktionsbedingte Fugen dürfen niemals (!) kraftschlüssig geschlossen werden.
Was ist also die Ursache für die Unsicherheit der Betroffenen und wie lässt sie sich möglicherweise abstellen?
Dazu die nachfolgenden Erläuterungen.

Fugenbeschreibung

Fugen und der Umgang mit ihnen werden z. B. in den Fachbüchern für Boden- und Parkettleger [1,2] eingehend beschrieben. Die Kommentare und Hinweisblätter zu Untergrundarbeiten [3,4] beschreiben ebenfalls, teilweise sehr ausführlich, Fugen im Untergrund und geben Hinweise für den Umgang mit ihnen. Und zu guter Letzt sind Fugen in den als allgemein anerkannte Regeln der Technik geltenden DIN-Normen beschrieben. In der DIN 18560 Teil 2 ist den Fugen ein eigener Abschnitt gewidmet. Im Abschnitt „5.3.3 Estrichfugen“ sind dort Fugenarten aufgelistet und in ihrer Funktion beschrieben.

Die Aufzählung enthält auch die Scheinfuge, und hier dürfte die Ursache für die beschriebenen Unsicherheiten liegen. Die Scheinfuge ist trotz des Namensbestandteils -fuge im eigentlichen Sinne gar keine Fuge und tatsächlich erfordert sie in der Baupraxis einen gänzlich anderen Umgang als die anderen aufgezählten Fugen.

Ganz allgemein gesagt sind im Bauwesen Fugen ein gewollter oder toleranzbedingter Spalt oder Zwischenraum zwischen zwei Bauteilen.

Fugen zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass ihre Ränder nicht (!) kraftschlüssig miteinander verbunden sind. Ihre jeweilige Position im Bauwerk wird vom Planer entsprechend den Regeln der Technik vorgegeben. Sie lassen Bewegungen zwischen Bauteilen zu, ohne dass negative Effekte, wie z. B. Zwängungen zwischen den Bauteilen auftreten. Dazu müssen sie selbstverständlich korrekt bemessen und fachmännisch ausgeführt sein. Anders bei den Scheinfugen. Sie sind gezielt herbeigeführte Querschnittsschwächungen eines Bauteils. Dazu gehört z. B. der bekannte Kellenschnitt, der häufig in Türdurchgängen angebracht wird. Scheinfugen bewirken durch die Querschnittsschwächung verbunden mit ihrer Kerbwirkung, dass Spannungen, z. B. durch Schwindung beim Aushärten des Mörtels an definierten Stellen des Bauteils, durch kontrollierte Rissbildung abgebaut werden. Somit sind Scheinfugen Sollbruchstellen im Bauteil. Vor dem Aufreißen könnten sie auch als Kerben oder Nuten beschrieben werden. Nach dem Aufreißen sind sie schlichtweg Risse und auch als solche zu behandeln.
Aus dieser Beschreibung folgt also, wie bereits erwähnt, dass eine Scheinfuge ihrer Funktion nach eigentlich gar keine Fuge ist. Die Wortzusammensetzung führt hier offensichtlich in die Irre. Sie führt leider auch dazu, dass das kraftschlüssige Verschließen von Fugen mancher Baubeteiligten als mögliche Variante beim Umgang mit Fugen in Erwägung gezogen wird.
Übrigens, einen sprachlich ähnlich gelagerten Fall kennen die Meisten unter uns: - Heilige lassen sich aufgrund ihrer überschaubaren Anzahl aufzählen. Kein Mensch käme allerdings auf die Idee, eine solche Aufzählung um Scheinheilige zu erweitern, was auch aufgrund ihrer schieren Anzahl kaum praktikabel sein dürfte.

Bedeutung für die Praxis

Aus der Definition für Fugen folgt zwingend, dass diese nicht kraftschlüssig verschlossen werden dürfen. Sonst könnten sie nämlich ihre Funktion - Bewegung ohne Schaden zulassen - nicht mehr erfüllen und wären somit gar keine Fugen mehr. Vielmehr muss der Umgang mit ihnen planmäßig festgelegt werden. So können Randfugen mit einem geeigneten Profil oder einer Sockelleiste abgedeckt werden. Für Bauwerksfugen gibt es eine Vielzahl von Fugenprofilen oder sie können mit einem elastischen Fugendichtstoff verschlossen werden. Wichtig ist dabei immer, dass eine kraftschlüssige Verbindung zwischen den Fugenflanken vermieden wird.

Scheinfugen, wie die genannten Kellenschnitte, sind nutähnliche Einschnitte. Sollten sie sich nach dem Trocknen und Schwinden des Bauteils nicht geöffnet haben, sind sie mit geeigneten Materialien, z. B. Reparaturmörteln zu verschließen. Haben sie sich bestimmungsgemäß geöffnet, sind sie schlichtweg Risse, die fachgerecht kraftschlüssig zu schließen sind, z. B. mit Rissharzen oder Vergussmassen.

Fazit

Hat man einmal verinnerlicht, dass Scheinfugen keine Fugen im eigentlichen Sinne sondern Sollbruchstellen sind, wird der Umgang mit Fugen relativ einfach. Fugen dürfen niemals (!) kraftschlüssig überbrückt werden. Geht ihr Verlauf durch die vorgesehene Bodenbelagsebene, sind sie in den Oberbelag durch geeignete Maßnahmen zu übernehmen - mag dies dem Planer gefallen oder nicht!

Sie können den gesamten Fachbeitrag hier als PDF downloaden.

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